An nichts ist der Mensch so sehr interessiert wie an Menschen, glaubt der Sprecher des Vorstandes der Spielwarenmesse, Christian Ulrich. Das sind gute Voraussetzungen für den Restart der Spielwarenmesse, um als zentrale Networking-Drehscheibe zu punkten. Die Zahlen geben der Messe jedenfalls recht. Jetzt müssen nur noch die Neuerungen „einschlagen“.
Herr Ulrich seit drei Jahren befindet sich die deutsche Wirtschaft im Krisenmodus. Auch der Spielwarenmesse dürfte der Gegenwind noch entgegenblasen, wenn wir an die Bedeutung der internationalen Besucher und Aussteller denken. Die bisherige No-Covid-Politik Chinas, explodierende Energiepreise, die Inflation, der Krieg, erschwert das nicht massiv die wirtschaftliche Erholung?
Christian Ulrich: Ich denke, es ist ein ganz normaler Prozess, dass es nach der Pandemie dauert, bis das gewohnte Niveau wieder erreicht wird. Die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage kommt erschwerend hinzu. Umso mehr freuen wir uns über den aktuellen Anmeldestand: Über 80 Prozent der Ausstellungsfläche ist im Vergleich zur Spielwarenmesse 2020 belegt. Besonders überraschend sind für uns die vielen Anmeldungen aus Asien – die Teilnehmer nehmen eventuelle Einschränkungen bei ihrer Rückreise in Kauf, um in Nürnberg vertreten zu sein. Auch auf der Besucherseite erhalten wir positives Feedback, das sich bereits in den Ticketverkäufen widerspiegelt.
In den zurückliegenden Jahren haben Aussteller erleben können, dass Sie auch ohne Messe über die Runden kommen. Für die Spielwarenmesse wie für alle anderen Messen dürfte das heißen, dass sie noch stärker konkreten wie messbaren Mehrwert für Aussteller und Besucher schaffen müssen. Was sind Ihre Leckerlies?
C.U.: Gerade in Zeiten der Krise sehnen sich die Menschen nach bewährten Strukturen, weshalb wir fast alle „gelernten“ Laufwege in den Hallen und die Aufteilung der Produktgruppen beibehalten haben. In der neuen Produktgruppe Dienstleistungen für Händler und Hersteller finden Sie Anbieter verschiedener Leistungen – von Test- und Prüfinstituten über Marketing bis hin zu Verpackungen. Darüber hinaus bieten wir jede Menge Highlights. Dazu gehören unsere Specials: Tech2Play in Halle 4A, Toys go Green in Halle 2 oder die New Product Gallery in Halle 3A. Hier werden unsere ToyTrends „Discover!“, „Brands for Fans“ und „MetaToys“ anhand einer neu gestalteten Erlebnisfläche anschaulich erklärt. Gleich nebenan im Toy Business Forum können Besucherinnen und Besucher ihr Toy-Know-how anhand von hochkarätigen Vorträgen auffrischen. Last but not least feiert am Freitag bei uns die Internationale Spielererfindermesse Premiere, auf der wir Spieleautoren mit Verlagen vernetzen.
Eine Neuerung sprang sofort ins Auge, die Integration der ToyAward Verleihung in die PressPreview, die in den letzten Jahren unter Druck stand. Startups und junge Unternehmen sollen zudem einen breiten Raum erhalten. Eine Frischenzellentherapie für das einstige Who’s who der Branche?
C.U.: Die PressPreview ist unser Medienhighlight am Vortag der Spielwarenmesse. Unsere Aussteller präsentieren nationalen und internationalen Pressevertretern und Content Creatoren kompakt ihre Produkt-Highlights mit Aktionen, Kindermodels und Promis. Neben den namhaften Unternehmen und Marken bieten wir nun verstärkt auch Startups und Newcomern die Möglichkeit, sich hier zu präsentieren. Darüber hinaus wird erstmals in diesem Rahmen der ToyAward verliehen. Ein gemeinsamer BusinessLunch, der den Networking-Charakter verstärkt, rundet die PressPreview ab.
Auch heilige Küche werden geschlachtet. Für zwei Tage öffnen Sie auf Wunsch der Modellbahn-Aussteller den Tempel 7A für Konsumenten. Was, wenn andere Warengruppen nachziehen und ebenfalls eine „Extrawurst“ wünschen?
C.U.: Die Branche Modelleisenbahn und Modellbau hat ein ganz besonderes Verhältnis zu ihrer Zielgruppe. Der direkte Kontakt zu den Endverbrauchern ist hier traditionell ausgeprägter, weshalb wir dem Wunsch der Aussteller aus diesem Bereich nachgekommen sind, die Halle 7A am Wochenende für Endverbraucher zu öffnen. Das Konzept lässt sich jedoch nicht allgemein umsetzen, denn die Aussteller müssten ihre Stände ganz anders konzipieren und die gezeigten Produkte wären für den Konsumenten häufig auch nicht erwerbbar.
Am Donnerstag gibt es erstmals eine RedNight, bei der alle Aussteller von 18 bis 22 Uhr auf ihrem Stand die Korken knallen lassen dürfen. Am Freitag geht’s mit der Networking-Party der Spiele-Erfinder gleich weiter. Heißt: Je unruhiger die Zeiten, umso mehr Amüsement brauchen wir?
C.U.: Wir berücksichtigen bei unseren Planungen natürlich die Bedürfnisse der Marktteilnehmer. Dabei haben wir festgestellt, dass der Wunsch nach persönlichen Begegnungen und Gesprächen nach der Pandemie bei allen enorm groß ist und man gerne auch verstärkt in den Hallen networken und feiern möchte. Mit gezielten Angeboten können wir das auf der Spielwarenmesse unterstützen. Allein für die RedNight haben sich bereits über 130 Aussteller angemeldet. Die gesamte Branche freut sich auf das Wiedersehen.
Mit Toys go Green setzen Sie ein Trendthema vom Vorjahr fort. Denken wir an die Aussagen des Wirtschaftsminister Robert Habeck anlässlich der Industriekonferenz Ende November, der Klimaneutralität als Leitplanke für den Umbau der Wirtschaft und Innovationsförderung ausgegeben hat, hätte das Thema nicht noch einmal ganz groß gespielt werden müssen?
C.U.: Das Thema Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend. Es rückt immer stärker ins Bewusstsein der Konsumenten, weshalb auch immer mehr Aussteller dafür sensibilisiert sind. Deshalb sehen wir das Thema auch bei uns langfristig angelegt, um einen jährlichen Überblick zum aktuellen Status der Branche zu präsentieren. Mit dem Special in Halle 2 führen wir Toys go Green fort: Wir präsentieren nachhaltige Produkte in den vier verschiedenen Kategorien – Made by Nature, Inspired by Nature, Recycle & Create sowie Discover Sustainability – und informieren über Neuerungen in diesem Bereich. Auch die Komponente Corporate Social Responsibility werden wir dabei aufgreifen.
Herr Ulrich, wir bedanken uns für das Gespräch.
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